„Endlich wieder zusammensein und miteinander feiern!“ Dieser ausgesprochene oder unausgesprochene Wunsch begleitet viele, vielleicht sogar die meisten von uns durch die Zeit der Einschränkungen, welche den Beginn des Jahrzehnts prägen. Für die dominikanische Familie erfüllte sich dieser Wunsch am 11. Juni 2022, dem Fest des Heiligen Barnabas.
Anlässlich der Visitation unseres Ordensmeisters fr. Gerard Francisco Timoner III. hatten die Freiburger Dominikaner Brüder, Schwestern und Laien des Ordens aus dem Umkreis eingeladen, um ein „Familienfest“ zu feiern. Die Brüder aus dem Konvent St. Martin und dem Domus St. Albert, die Dominikanerinnen von Neusatzeck, die seit einigen Monaten in Freiburg leben und die Mitglieder der Laienfraternität „Jordan von Sachsen“ kamen zusammen, um sich auszutauschen und manchmal auch schlicht erst einmal kennenzulernen. Die gemeinsame Feier der Heiligen Messe und einer kleinen Grillparty rundeten den Tag ab. Die große Freude, die zu spüren und zu sehen war, zeigt, wie sehr wir Gemeinschaft brauchen und von dieser leben.
In seiner Predigt verwies der Ordensmeister auf das Motto des gerade zu Ende gegangenen Jubiläumsjahres zum 800. Sterbetag des Ordensgründers: „Zu Tisch mit dem heiligen Dominikus“. Unser Orden ist kein abstraktes Zweckbündnis zur Erfüllung eines Auftrags, sondern er ist eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern, eine Familie. Und wie jede Familie lebt auch diese davon, gemeinsam „zu Tisch zu sein“. Dabei führte der Ordensmeister in seiner Predigt über diese horizontale Ebene hinaus:
Unser Orden ist kein Zweckbündnis
„Mit dem heiligen Dominikus zu Tisch zu sein, bedeutet vor allem zu lernen, mit Jesus zu Tisch zu sein. Im Johannesevangelium lesen wir: `Beim letzten Abendmahl legte sich Johannes auf Drängen von Petrus auf die Brust Jesu [in sinu Iesu], um den Namen des Verräters zu erfahren.´ (Joh 13,25). Doch es scheint, als wolle Johannes mehr als nur einen Namen erfahren, denn am Anfang desselben Evangeliums lesen wir: `Niemand hat Gott je gesehen. Es ist Gott, der einzige Sohn, der in der Brust des Vaters ist [in sinu Patris], der ihn bekannt gemacht hat´ (Joh 1,18). Diese auffällige Parallele – an der Brust Jesu und an der Brust des Vaters – vermittelt deutlich die Botschaft: Wer sich auf die Brust Gottes stützt, kann ihn bekannt machen, kann von ihm Zeugnis ablegen. Sich an die Brust Jesu zu lehnen, bedeutet, dem Rhythmus seines Herzschlags und der Schwingung seiner Stimme zu lauschen, ihn aus nächster Nähe und persönlich zu kennen. Als der geliebte Jünger sich nahe an den Herrn lehnte, war sein Ohr nahe am Herzen Jesu, während seine Augen nach außen auf die Welt blickten. Indem er auf den Herzschlag Jesu hört und auf die Welt schaut, spricht Dominikus mit Gott und spricht über Gott. Dies ist der tiefste Sinn dessen, was es bedeutet, `mit Dominikus zu Tisch zu sein´.
Lebendig mitten in Gesellschaft
Die ersten Konvente des Ordens wurden auch als sacra praedicatio, als „Heilige Predigt“ bezeichnet. Im gemeinsamen Beten und Leben sind die Brüder und Schwestern des Ordens mit dem heiligen Dominikus, ja mit Christus selbst und in ihm mit dem Vater „zu Tisch“. In dieser Gemeinschaft verwirklichte sich die Sendung des Ordens.“
So kann auch heute der Orden, die dominikanische Familie, mitten in einer Gesellschaft, die so sehr von Einsamkeit und Beziehungsarmut geprägt ist und in der sich doch so viele Menschen nach echten Beziehungen sehnen, zu einer gelebten Predigt werden. Zu einem lebendigen Predigen darüber, wie es gelingen kann mit Christus und miteinander „zu Tisch zu sein“.