Gedenkfeiern Thomas von Aquin 2023-2025

Drei aufeinander folgende Gedenkjahre, die an Thomas von Aquin erinnern, gruppieren sich zurzeit am Himmel der Erinnerungskultur wie der Gürtel des Orions.

Am hellsten leuchtet das gegenwärtige Jahr 2024, das den 750. Todestag des Thomas von Aquin am 07. März 1274 im Zisterzienserkloster Fossanova markiert. Der seit dem Nikolaustag 1273 („alles im Vergleich jetzt nur noch wie Stroh“) stark eingeschränkte Dominikaner befand sich beim Tod noch ziemlich am Anfang seiner befohlenen Reise von Neapel zum II. Konzil von Lyons.

Diese dreijährige Feier begann schon 2023, als man nach genau 700 Jahren an die Heiligsprechung des hl. Thomas am 08. Juli 1323 in Avignon durch Papst Johannes XXII. bald nach dem Höhepunkt des Armutstreits zwischen dem Papstum und den Minoriten erinnerte. Ab diesem Zeitpunkt sprechen die Texte seltener von „frater Thomas“ als von „beatus Thomas“ oder dem hl. Thomas.

Im kommenden Jahr 2025 wird man auch ohne genauere Kenntnisse den 800. Geburtstag des Thomas auf der Festung Roccasecca etwas nördwestlich von Monte Cassino feiern. Zeitgenössische Quellen bezeugen nämlich, dass der Dominikaner bei seinem Tod nicht einmal 50 Jahre alt gewesen sei, was diese Schätzung seines Geburtsjahres rechtfertigt. Die einzige von Thomas verfasste (oder mitverfasste?) Schrift nach dem 06. Dezember 1273, ein Brief an den Abt und die Kommunität von Montecassino zur höflichen Absage einer Einladung zum theologischen Gespräch mit dem Benediktinerkloster, zieht eine Parallele zur Geschichte der Heiligen Benedikt und Maurus in dieser Gegend nahe der späteren Stadt Aquino.

Potenzial der Schriften des frater Thomas

„Feiern“ wäre der Ehre zu wenig. Es geht vielmehr um Gedenken, was auch immer das Weiterdenken erfordert, freilich hier und da um das Querdenken und der Einspruch. Thomas selbst versuchte sehr oft die Tragweite eines neuplatonischen Grundsatzes auszuloten: Quidquid reciptur, recipitur secundum modum recipientis. Alles, was je verstanden wird, wird im Horizont des Verstehenden verstanden, auch wenn das Verstehen alte Grenzen nach außen verschiebt. Das noch nicht ausgeschöpfte Potenzial der Schriften des frater Thomas zeigt sich heute in der wieder stark angestiegenen Zahl immer neuer Versuche, seine Schriften historisch verbürgt und systematisch weiterentwickelt zu rezipieren.

P. Richard Schenk OP